Bürokratie
Jedes Pferd muss aufgrund der Bestimmungen der EU seit Jahren einen Equidenpass haben. (§ 44 Viehverkehrsverordnung)
Sobald ein Pferd „von einem Ort zum anderen“ transportiert wird (auch Wanderritte etc.), muss der Equidenpass mitgeführt werden.
Einfache Ausritte können ohne Pass gemacht werden; der Transport in die Klinik oder zum Turnier ist aber passpflichtig.
In den Equidenpass werden Impfungen, bestimmte Behandlungen oder Medikamentengaben eingetragen werden - dies sagt aber in der Regel wenig über die Schwere von Erkrankungen oder deren Folgen
aus.
Leider kann man nicht davon ausgehen, dass alle Halter oder Tierärzte diesen Equidenpass gewissenhaft geführt haben. Bei einem Zuchtverband registrierte Fohlen bekommen den Pass sofort; für alle
sonstigen Tiere wird er immer noch oft erst im Falle eines Verkaufs beantragt.
Der Pferdehalter muss im Equidenpass die Bestimmung seines Tieres deklarieren.
Er muss einmalig für sein Tier entscheiden, ob es im Falle einer Tötung „Schlachttier“ sein soll oder nicht. Für „Schlachtpferde“ sind viele gängigen Medikamente verboten, um mögliche Rückstände in
Lebensmitteln auszuschließen. Ein Tier, das einmal als „Nicht-Schlachttier“ gekennzeichnet wurde, darf nie zur Fleischgewinnung verwendet werden. Dafür darf es dann aber auch im Krankheitsfall
mit allen verfügbaren Medikamenten behandelt werden - auch denen, die nicht an Schlachttieren angewendet werden dürfen. Die Möglichkeiten des Tierarztes sind also wesentlich besser.
Ein Pferdebesitzer kommt leider nicht darum herum, sich mit dem möglichen Ende seines Pferdes auseinander zu setzen.
Zum Verkauf eines Pferdes ist neben dem Equidenpass auch die Besitzurkunde zu übergeben. Nur wer im Besitz dieser Urkunde ist, gilt als Besitzer
des Pferdes.
In einigen Bundesländern besteht die Pflicht, ein Pferd bei der Tierseuchenkasse anzumelden. Auf diese Weise haben die Behörden einen Überblick
über die gehaltenen Tiere und können im Falle des Auftretens einer ansteckenden Krankheit rechtzeitig handeln.
In der Vergangenheit geschah dies z.B. nach Ausbrechen der Maul- und Klauenseuche; in der Nähe befindliche Pferdebetriebe wurden informiert und erhielten Ausreitverbot, um ein Verbreiten der Erreger
zu verhindern.
Auch im Falle der Blauzungenkrankheit waren Pferde glücklicherweise nicht direkt betroffen; das Verbringen von Schafen und Rindern wurde aber bis zur Bereitstellung des Impfstoffes stark
eingeschränkt.
Es fallen geringe jährliche Beiträge für die Tierseuchenkasse an, die dazu verwendet werden, z.B. im Seuchenfall finanzielle Verluste auszugleichen oder Imfpungen bereitzustellen. Auch bei vom
Amtstierarzt angeordneter Tötung in Folge einer ansteckenden Infektion und zum Seuchenschutz wird der Verlust ersetzt.
Das alles tröstet nicht über den möglichen Verlust des Tieres hinweg, dient aber dem Schutz und der Sicherheit aller Verbraucher und nicht zuletzt noch gesunder Tiere, die vor einer Ansteckung
geschützt werden müssen.
Das Kreisveterinäramt muss über die Haltung eines Pferdes informiert werden.
(§ 26 Viehverkehrsverordnung)
Laut Bestandsbuchverordnung muss jeder Pferdebesitzer ein Bestandsbuch führen, in dem alle apothekenpflichtigen Medikamente eingetragen werden,
die dem Tier verabreicht werden. Dies ist Pflicht, sobald sich in einem Bestand auch nur ein Pferd befindet, das als Schlachttier deklariert wurde.
Wer zusammen mit den Pferden Paarhufer oder Geflügel hält, unterliegt zusätzlichen Meldepflichten und Auflagen, die dem Seuchenschutz und dem
Herkunftsnachweis tierischer Lebensmittel dienen. Vor allem Schafe, Rinder und Ziegen müssen mit Ohrmarken gekennzeichnet sein.
Je nach Bundesland muss ein Reiter, der sein Pferd außerhalb des eigenen Grundstücks über öffentliche Straßen und Wege führt oder reitet, ein „Reitkennzeichen“ beantragen und bei Ausflügen sichtbar am Pferd befestigt mitführen. Diese Kennzeichen enthält eine Nummer, an hand derer der Reiter identifiziert
werden kann. Die für das Kennzeichen anfallenden Gebühren werden zum Bau und Unterhalt von Reitwegen verwendet. Das zumindest steht so auf dem Papier. In vielen Gegenden gibt es keinerlei
pferdegerechte Wege, geschweige denn spezielle Reitwege.
Reiten außerhalb des eigenen Grundstückes unterliegt wiederum festen Regeln des jeweiligen Landeswaldgesetzes und der Straßenverkehrsordnung. Je
nach Bundesland dürfen öffentliche und private Wege genutzt werden, die außerhalb von Wäldern und Schutzgebieten liegen. Gekennzeichnete Reitwege müssen benutzt werden, auf öffentlichen Wegen
und Straßen darf keine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer entstehen (z.B. durch nicht zur Seite geschobene Hinterlassenschaften). Fußwege, Radwege oder andere bestimmten Nutzern vorbehaltene Wege
sind nicht zu bereiten. Ein Reiter hat sich wie ein „Fahrzeug“ zu verhalten und muss die Fahrbahn benutzen.
Die Beschaffenheit von Wegen und deren Eignung zum Bereiten muss jeder Reiter im Einzelfall entscheiden. Wer einen vollkommen aufgeweichten Feldweg bereitet, geht nicht nur die Gefahr ein, selbst zu
Schaden zu kommen, sondern auch den Weg zu zerstören.
Die Nutzung von Wegen geschieht auf eigene Gefahr.
Zuletzt in diesem Kapitel noch ein Kuriosum der Gesetzgebung: Mit Wirkung zum 1.1.2007 trat ein neues Hufbeschlagsgesetz in Kraft. Nach diesem
Gesetz dürfen Pferdebesitzer nicht mehr selbst Hand an die Hufe ihrer Tiere legen.
Selbst das Glattraspeln ausgebrochener Kanten oder das Anlegen von Hufschuhen sind nach diesem Gesetz dem Tierhalter selbst verboten, geschweige denn das Ausschneiden oder Beschlagen der Hufe.
Eine Verfassungsklage verhinderte gerade noch, dass zukünftig auch Hufpflegern und Huftechnikern ohne geregelte Schmiedeausbildung die Arbeit untersagt wurde.
Wenn auch das Gesetz sicherlich ursprünglich zum Nutzen der Tiere und zu ihrem Schutz vor nicht ausreichend kompetenten Hufpflegern dienen sollte, so stellt es doch im Alltag der Pferdehaltung eine
wesentliche Einschränkung dar.