Haltung und Versorgung



    „Die Größe und den moralischen Fortschritt

einer Nation
    kann man daran messen,
    wie sie die Tiere behandelt.“

    (Mahatma Gandhi)

 

 

 

Pferdefreunde aller Alterstufen müssen sich praktisch oder theoretisch mit dem Thema Pferdehaltung vor dem Hintergrund der biologischen Voraussetzungen dieser Tiere auseinander setzen.
Wünschen sich Kinder oder Enkel ein Pferd, so müssen sich auch Erwachsene ohne „Pferdeerfahrung” mit dem Thema Pferd befassen. Sehr schnell kann aus einer solchen „unverbindlichen” Beziehung doch eine mehr oder minder aktive und intensive Beschäftigung mit Pferden werden.
Wenn auch die Initiative zur Pferdehaltung oft vom pferdenärrischen Nachwuchs ausgeht, kann die Verantwortung für ein Pferd und dessen Wohlergehen nicht allein in den Händen eines Jugendlichen liegen.
Neben der täglichen Sorge für das Tier sind auch rechtliche und finanzielle Fragen zu klären, die ein jugendlicher Pferdebesitzer nicht eigenverantwortlich lösen kann.
Wer die Pferdehaltung ernst nimmt, wird schnell merken, dass sie die Möglichkeiten eines einzelnen Menschen in der Regel übersteigt. Arbeit und Verantwortung müssen in mehreren Händen liegen. Das Hobby Pferd wird dann schnell zum Familienhobby, das Pferd zum Familienmitglied, die Pferdehaltung zur Aufgabe - und Freude - aller Beteiligten.
So mancher wird auf diese Weise zum Pferdehalter, ohne es sich je vorgestellt zu haben.

Die Kenntnis der Komplexität der Pferdehaltung führt unweigerlich zu einer Entscheidung:


Man kann aus Vernunftgründen auf die Pferdehaltung lieber doch verzichten.
Das ist die vernünftige Lösung.

Ein Goldhamster ist billiger und leichter zu halten.


Man kauft ein Pferd und sucht einen guten Platz in einer professionellen Pferdehaltung.

Die tägliche (und nächtliche) Verantwortung für das Wohlergehen des Tieres kann man dann weitgehend abgeben.


Man macht es - entgegen aller Vernunft - möglich, mit den Tieren zusammen zu leben und sie in Eigenregie zu halten.

Damit übernimmt man eine kaum voraussehbar große Verantwortung für die Tiere - denn es kann dann nie nur eins sein. Wer Glück hat, erwirbt zwei gesunde, robuste Ponys, die nie den Tierarzt brauchen. Wer weniger Glück hat, verliebt sich in sein Traumpony und bietet dem Tierarzt irgendwann ein Feldbett oder eine Wohnung an.

Eine Haltung in Eigenregie bedeutet vor allem für Berufstätige eine große logistische und organisatorische Herausforderung. Dafür spart man sich die Ausgaben für ein Fitnessstudio.

Während Kinder und Jugendliche in Reitställen oft noch Einiges vom Betrieb „hinter den Kulissen” und jenseits des Sattels mitbekommen, sammeln erwachsene Pferdefreunde in Reitställen oft zu wenig Erfahrungen und Informationen, um eine verantwortungsvolle Entscheidung für oder gegen ein eigenes Pferd zu fällen.
In den Reitstunden steht die Ausbildung des Reiters an erster Stelle. Erwachsene finden aus Rücksicht auf die Zeit des Reitlehrers oft nicht die Gelegenheit zu fragen, was sie eigentlich über den Alltag mit einem eigenen Pferd wissen möchten. Der Umgang mit Reitschulpferden kann nur selten einen realitätsnahen Eindruck von der Pferdehaltung vermitteln. Neben theoretischem Wissen braucht es Erfahrung, um den Umfang der Verantwortung für ein eigenes Pferd richtig einschätzen zu können.

Pferdehaltung kann eins der schönsten Hobbys sein, wenn man es überlegt anfängt und sich bewusst ist, welche Verantwortung da auf einen zukommt.
An dieser Stelle sei aber auch gewarnt: Pferdehaltung ernst genommen und verantwortlich im Sinne der Tiere gestaltet kann so tief in den Lebensrhythmus der Pferdebesitzer eingreifen, dass andere Hobbys und Aktivitäten auf der Strecke bleiben, Freundschaften einschlafen, sogar das Berufsleben beeinträchtigt wird.

Auch der Autorin war - trotz gründlicher Vorbereitung und vergleichsweise umfassenden fachlichen Vorwissens - beim Kauf des ersten eigenen Ponys nicht in aller Ausführlichkeit und Konsequenz klar, was alles „daran hängt” und wie schwierig es heutzutage sein kann, einem Pferd einen halbwegs artgemäßen Lebensraum zu bieten. Nicht vorbereitet war ich allerdings auch auf die Liebe, die große, mal überschwengliche, mal rüpelhafte, mal alberne, aber immer einfühlsame Zuneigung, die einem das „Traumpony” entgegen bringen kann. Ein solches Tier ist mehr als nur ein Pferd. Es teilt unser Leben.

Zukünftige Pferdehalter sollten Aufwand und Umstände einer Pferdehaltung realistisch einschätzen.

Unbedachtem Pferdekauf und ungeeigneter Haltung wirkt nur Wissen entgegen.

Vor allem Kinder und Jugendliche sollten sich bewusst sein, welchen Aufwand es bedeutet, ein Pferd artgerecht zu halten. Es ist - wenn man das Hobby und vor allem das Pferd als Individuum ernst nehmen möchte - nicht damit getan, einmal in der Woche im Reitstall vorbei zu schauen und den Rest dem Stallbetreiber zu überlassen.

 

 


Selbst der kleinste Hamster, das kleinste Kaninchen haben arteigene Ansprüche.
Ein Pferd bringt mit seinen oft mehr als 500 kg entsprechend gewichtigere Ansprüche an die Haltungsbedingungen mit sich.
Es beansprucht von allem mehr: mehr Futter, mehr Platz, mehr Aufmerksamkeit, mehr Zeit, mehr Arbeit, mehr Geld, seine Haltung birgt größere Risiken, größere Gefahren...und vermutlich mehr Spaß...

Wie jedes andere Haustier ist ein Pferd mehr oder minder auf seinen Besitzer fixiert. Gerade Ponys zeigen oft deutlich, wenn sie sich vernachlässigt fühlen. Solche Pferde können zählen: sie wissen sehr genau, wie oft ihr Besitzer pro Woche kommt und wann das anders war. Da zählt keine Entschuldigung. Ausreden gibt es nicht. Wenn auch ein gut gehaltenes Pferd nicht täglich geritten werden muss, so braucht es als Haustier doch seine „Streicheleinheiten”, das eine mehr, das andere weniger. Unvorhergesehene Situationen oder Ereignisse erfordern Anwesenheit des Besitzers auch über die routinemäßigen Aktivitäten hinaus: eine Verletzung, eine Erkrankung, Unruhe in der Herde oder ein Stallwechsel verlangen zusätzlichen Einsatz. Tiere halten sich dabei grundsätzlich nicht an das Fernsehprogramm, die Urlaubsplanung oder Feiertage!
Der Zeitbedarf für ein Pferd ist also - abgesehen vom reinen Haltungsaufwand und den täglichen Arbeiten - nicht zu unterschätzen.

Pferde, die zufrieden und artgerecht leben können, geben ihren Menschen jedoch sehr viel zurück, vielleicht mehr als diese je für sie einsetzen müssen: ein Mehr an Erfahrung, Erkenntnis, Lernen, Zuneigung - und Überraschungen aller Art...

Es soll nicht vor der Pferdehaltung gewarnt oder gar abgeschreckt werden.
Vielmehr sollte jeder Pferdebesitzer sich klar werden, wie sehr sein Leben sich durch die Anschaffung eines Pferdes verändern wird. Dann kann er eine verantwortungsvolle Entscheidung treffen.
Das wiederum ist Grundlage für eine gute Beziehung zwischen Mensch und Tier.

Wer kein eigenes Pferd hält oder sein Pferd nicht selbst halten kann, mag Anregungen finden, die Haltung von Pferden in fremden Ställen kompetent zu beurteilen.

 

 


„Ein Pferd ohne Reiter
ist noch immer ein Pferd -
doch ein Reiter ohne Pferd
ist nur ein Mensch.“

(Quelle unbekannt)