Probleme beim Futterkauf


Nach wiederholt sehr schlechten (aber immer wieder auch sehr guten!!!) Erfahrungen möchte ich das Thema "Futterbeschaffung" aufgreifen.

Immer wieder ist mir schlechtes Heu untergejubelt worden.
Mal waren es Ballen mit vielfach überhöhten Schimmelpilz-Werten, mal Ballen ohne Futterwert, weil viel zu spät geerntet, mal waren Giftpflanzen enthalten.

 

Zwischenzeitlich hatte ich aber auch über Jahre großes Glück mit sehr verantwortungsbewussten Produzenten, die ich freiwillig nie hätte hergegeben wollen. Leider spielt das Leben manchmal anders, als man es sich wünscht.

Eine aktuelle Erfahrung veranlasst mich zu der Befürchtung, dass in Zukunft immer größere Probleme bei der Beschaffung ausreichenden und artgerechten Futters zu erwarten sind.

In den letzten Jahrzehnten hat sich in der Tierhaltung zumindest im Hobbybereich so einiges getan.
Viele Tierhalter - ob sie Esel, Pferde, Schafe oder andere Weidetiere halten - sind sich sehr bewusst, welche Verantwortung sie mit der Fütterung ihrer Vierbeiner übernehmen.
Sicherlich sind auch viele Halter sehr gut darüber informiert, wie eine ideale Ernährung für ihre Tiere aussehen müsste.
Hobby-Tierhalter sind allerdings auf Gedeih und Verderb auf die Fähigkeiten und das Verantwortungsbewusstsein der Futterproduzenten, vor allem der Produzenten von Heu und Stroh, angewiesen.


Es gibt viele Faktoren, die die Realisierung einer artgerechten Fütterung zunehmend erschweren. Man kann vermuten, dass sich die Lage weiter zuspitzen wird...

  • In den letzten Jahren wird es immer schwieriger, artgerechtes Futter zu beschaffen. Noch vor 15 Jahren war es kein Problem, Kleinballen zu kaufen. Heute gibt es kaum mehr Produzenten, die die damit verbundene Mehrarbeit gegenüber der Produktion von Großballen machen wollen (oder aus wirtschaftlichen Gründen können).
  • Kleinballen werden oft nicht richtig produziert. Viele Produzenten pressen viel zu fest oder lagern falsch.
  • Die Lagermöglichkeiten der Tierhalter in Eigenregie sind nicht immer ideal. Wer über einen alten Heuboden verfügt, kann sich glücklich schätzen. Für viele Hobby-Tierhalter ist die Lagerung unter freiem Himmel unumgänglich, weil Baugenehmigungen nur für Landwirte erteilt werden.
  • Die alten Wiesen - sowohl die Weiden wie auch die Heuwiesen - sind längst zum großen Teil umgepflügt. Angesäte Heuwiesen weisen artenarme und oft nicht für genügsame Pferde/Esel geeignete Gräsermischungen auf.
  • Schwere Maschinen verdichten den Boden. Dadurch verschwinden Arten, die früher in jeder Wiese wuchsen.
  • Es werden - Biogasboom sei dank - Restflächen zur Heugewinnung genutzt, deren Futterwert zweifelhaft ist. Oft sind die dort wachsenden Arten nicht im geringsten zur Verwendung als Heu geeignet, manchmal sogar gesundheitsschädlich oder giftig.
  • Die Flächen, auf denen keine einträglicheren Feldfrüchte wachsen können, liegen oft an feuchten oder anderweitig ungeeigneten Standorten, auf denen aufgrund der Wetter- und Bodenverhältnisse keine gute Heuernte zu erwarten ist. Vernässte Böden trocknen nicht ausreichend ab, bevor die Heuernte ansteht.
  • „Umweltschutz”-  Auflagen wie Vorgaben eines frühsten Erntezeitpunktes passen in vielen Jahren nicht zum Entwicklungsstand der Pflanzen. Dann wird im Juli überständiges, sogar liegendes und bereits erwärmtes, vergammeltes Gras zu Heu verarbeitet.
  • Es gibt keine wirklich greifende Kontrolle der Heu produzierenden Betriebe. Eine Anfrage vor Jahren ergab, dass „vielleicht alle 20 Jahre einmal” ein Produzent kontrolliert wird. Dabei wird dann aber auch nicht unbedingt die Futterqualität des Heus getestet.
  • Händler kaufen Heu zusammen und können die Herkunft ihrer Ware nicht nachweisen.
  • Rechnungen sind in der Branche eher unüblich.
  • Eine lückenlose Beweiskette, dass eine bestimmte Heupartie von einem bestimmten, dafür verantwortlichen Produzenten stammt, ist kaum zu führen.
  • Oft muss man von mehreren Händlern/Produzenten Heu kaufen und kann es kaum getrennt lagern. Jeder Händler kann immer behaupten, eine beanstandete Partie sei nicht von ihm.
  • Tierhalter wie auch Produzenten kennen sich immer weniger mit Giftpflanzen aus. Selbst auffälligste Arten (Geruch, Farbe, Größe) werden „übersehen” oder nicht erkannt. Gemäht wird alles, was unter die Messer kommt. Man sieht immer wieder, wie vor allem im Frühjahr Kreuzkraut-, Rainfarn, Ampfer-Wiesen zu Silage verarbeitet werden.
  • Viele giftige Arten sind in frischem Heu wie auch nach der Lagerzeit kaum zu erkennen - und auch nicht mehr auszusortieren. Ein Verdacht muss aufwendig und teuer im Labor nachgewiesen werden.
  • Viele Bauern/Produzenten steigen von der Rinderhaltung auf Pferdehaltung um und übertragen die Kenntnisse aus der Rinderhaltung auf ihre Pensionspferde oder die Heuproduktion nach dem Motto „Meine Kühe haben das immer gefressen”.
  • Wer verschiedene Qualitäten Heu oder Stroh braucht, muss oft lange suchen und von mehreren Lieferanten kaufen (Heu und Stroh für Pferde, Esel, Schafe, Ziegen mit verschiedenen Ansprüchen und Vorlieben, Erkrankungen und Bedürfnissen) Paralleler Kauf anderer Qualitäten beim Konkurrenten erfreut den einzelnen Lieferanten nicht besonders.
  • Heu ist für viele (Nebenerwerbs-) Landwirte ein Nebengeschäft. Verantwortung für das Leben von Tieren scheint ihnen damit nicht bewusst zu sein.
  • Mutmaßlich werden auch keine Haftpflichtversicherungen gegen Schäden durch produzierte Futtermittel abgeschlossen.
  • Wer als Heukäufer bestimmte Qualität haben möchte (z.B. eher grobes, eher spät geerntetes Heu), kann dies nicht auftreiben. Es wird nicht gezielt produziert.
  • Wenn doch artgerechtes Heu geliefert werden kann, wird „spät geerntet” gerne mit „bereits umgekippter Restbestand” verwechselt.
  • Selbst Probelieferungen sind keine wirksame Versicherung gegen mangelhafte Lieferungen, auf denen man als Käufer schließlich sitzen bleibt. Heukosten, Entsorgung und Tierarztkosten, wenn man es trotz aller Umsicht doch nicht rechtzeitig gemerkt hat oder keine Alternative  hatte, bleiben beim Käufer hängen.
  • Eine Prüfung auf Qualität ist bei vom Feld eingelagertem Heu erst nach drei Monaten Lagerzeit möglich. Wer kann danach noch eine lückenlose Beweiskette führen?
  • Nicht zuletzt tragen steigende Energie-/Dieselpreise dazu bei, dass bei der Heuproduktion gespart wird. Es wird weniger als notwendig gewendet, lieber Groß- als Kleinballen produziert etc.
  • Auffällig ist, wie wenig viele Heuproduzenten selbst von Giftpflanzen kennen. Erwähne ich bei mir auf dem Grundstück vorkommende Giftpflanzen, stehen große Fragezeichen in den Augen der Lieferanten.
  • Im Zweifelsfall wird die Gefährlichkeit einer Giftpflanze angezweifelt. Mir ist sogar schon begegnet, dass jemand anzweifelte, ob Jakobskreuzkraut wirklich jemals einem Tier das Leben kostete. („Alles nur Panikmache der Medien. Daran ist noch kein Tier krank geworden...")
  • Je länger Reklamationsverhandlungen sich hinziehen, umso größer die Gefahr, dass inzwischen über Winter Lagerschäden auftreten - das kann keine noch so gute Lagerung verhindern. Danach kann die Qualität gar nicht mehr objektiv beurteilt werden. Auch bei mir treten trotz belüftetem und dichtem Heuboden nach Frost Kondensationsschäden an den Ballen auf.
  • Wenn Heu schlecht ist, muss umgehend neues her. Wie kann man also beweisen, dass das beanstandete Heu wirklich von einem bestimmten Produzenten stammt? Die Lagerflächen sind oft sehr begrenzt, sodass man umstapeln bzw. neues Heu dicht neben schlechtem Heu lagern muss.
  • Die Herkunft einer Heupartie ist vom Käufer kaum nachzuweisen, zumal der Verkäufer womöglich fremde Ware zugekauft hat, ohne den Käufer davon zu unterrichten.
  • Gesundheitliche Schäden durch Heu können selten einwandfrei nachgewiesen werden – gerade Pferde reagieren auf verschiedene Einflüsse, sodass selbst ein Tierarzt nur anhand der Indizien (mehrere Tiere betroffen, Beschreibungen der Giftwirkung etc.) die Ursache vermuten kann.
  • Es entstehen zusätzliche Kosten, die immer beim Käufer hängen bleiben: Nachweis der Giftpflanzen/Schimmelbelastung/bakteriellen Belastung o.ä. durch z.B. die Tierärztliche Hochschule Hannover oder die Untersuchungsanstalten der Landwirtschaftskammern; Umstapeln, Neubeschaffung zu einer Zeit, in der nicht mehr ab „ab Feld" und daher teurer gekauft werden muss und obendrein aufgrund der Witterung im Herbst Lieferung und Einlagerung schwierig werden.
  • Entsorgungsprobleme: Wohin mit Heu, das kein Tier fressen soll, das nicht untergepflügt werden kann, weil es Samen schädlicher Pflanzen in landwirtschaftliche Flächen bringen würde, das der Käufer auch nicht selbst abtransportieren kann, zumal wenn es sich um Großballen handelt? Wer trägt die Kosten einer fachgerechten Entsorgung, wenn der Landwirt sich nicht verantwortlich fühlt?



Das Bemühen um artgerechte Haltung und Fütterung einerseits und die Realität andererseits stehen einander ziemlich konträr gegenüber...

Es gibt durchaus sehr seriöse und verantwortungsbewusste Heuproduzenten.
Sicher müssen in manchen Jahren auch Abstriche hinsichtlich der Qualität gemacht werden, wenn das Wetter einfach nicht mitspielt.
Das entschuldigt aber nicht die Lieferung von mit Giftpflanzen und „Unkraut" durchsetztem, wertlosem oder gefährlichem Heu.

Für den einzelnen Pferdehalter ist die Situation im aktuellen Fall sehr unbefriedigend, solange

  • sich nicht allgemein das Bewusstsein dafür durchsetzt, dass wir unser Recht auf Qualität beim Futterkauf durchsetzen müssen
  • Pferdehalter und Produzenten nicht ausreichend Fachkenntnisse haben, um miteinander für gute Qualität sorgen zu können
  • das Bewusstsein durchsetzt, dass auch Futtermittellieferungen einer Qualitätsanspruch unterliegen und der Käufer ein Recht auf einwandfreie Ware hat
  • nicht jeder Mangel durch schlechtes Wetter oder widrige Ernteumstände entschuldigt werden kann
  • Heukauf zum belegbaren und kontrollierbaren Rechtsgeschäft wird, bei dem nicht dem Käufer allein die aussichtslose Beweislast obliegt


Es kann nicht hingenommen werden, dass viele Produzenten sich weder moralisch noch juristisch verpflichtet fühlen, korrekt zu liefern.
Weder die Gesundheit der Tiere noch das Recht des Käufers auf einwandfreie Ware scheinen zu zählen.
Einen Rechtstreit müssen unseriöse Produzenten aufgrund der in der Natur der Sache liegenden lückenhaften Beweislage sowie der traditionell papierlosen Handelstradition offenbar nicht fürchten.

Mit zunehmendem Flächenverbrauch durch Energiepflanzenanbau werden zumindest für private Pferdehalter die Probleme der Futterbeschaffung und damit nicht zuletzt auch juristische Probleme weiter zunehmen.

Wie viele Pferde müssen darunter leiden?

Vor allem dann leiden Tiere, wenn sich Pferdehalter selbst auch nicht ausreichend mit Giftpflanzen und Heuqualität auskennen, um ihre Tiere vor den geschilderten Gefahren zu schützen. Wer erkennt schon Giftpflanzen im getrockneten, zerbröselten Zustand, wenn sich auch der Geruch durch die Schwitzphase verändert hat?

Wie soll man als Pferdehalter die finanziellen Verluste auf Dauer auffangen?

Viele Fragen, keine befriedigenden Antworten.

Mir drängt sich die Frage auf, ob nicht Öffentlichkeit der einzige Schutz vor "schwarzen Schafen" wäre.

Nur, wenn alle Beteiligten sich ausreichend auskennen und nicht nur um ihre Verantwortung wissen, sondern sie im Sinne des Tierschutzgesetztes auch ernst nehmen, können wir auf Dauer erreichen, dass man uns nicht immer wieder schlechte Ware unterjubelt und unsere Tiere geschädigt werden, unsere Finanzen über Gebühr strapaziert und letztendlich unsere Freude an der Tierhaltung nachhaltig beeinträchtigt werden.

Verbände und Zeitschriften setzen sich immer wieder gegen den allgemeinen Trend für die Tiere ein - man beanstandet vor allem nicht artgerechte Ausbildungsmethoden, Sportrichtungen und Haltungsformen. 
Die grundlegende Problematik rund um die Futterbeschaffung wird dabei m.E. eher vernachlässigt.
Dies ist ein - wie ich meine - so grundlegendes Problem, dass man dessen Lösung nicht länger allein dem einzelnen betroffenen Pferdehalter überlassen darf.


Wenn Fachorgane und Veröffentlichungen in Verbandspublikationen gleichermaßen informieren, lesen das auch die Produzenten.
Wenn z.B. über mögliche Giftpflanzen im Heu, Adressen von Untersuchungsstellen, Tipps für den Umgang mit Lieferanten (z.B. auch gegen die gängige Praxis eine Rechnung verlangen), geeignete Gräsermischungen, korrekte Pflege von Heuwiesen etc. berichtet wird, dann entsteht öffentlicher Druck, ein anderes Bewusstsein bei den Käufern, mehr Wissen auf beiden Seiten.

 

Es gibt durchaus gute, seriöse und verantwortungsbewusste Produzenten.
Sie sollen für ihre Ware auch einen angemessenen Preis erzielen können. Eine Selbstverpflichtung, geeignete (Selbst-)Kontrolle und auch eine Produkt-Haftpflichtversicherung sollten selbstverständlich sein - auch im eigenen Interesse.
Heu wird nie billig zu produzieren sein.
Aber es muss dann seinen Preis auch wert sein.


Meine persönlichen Erfahrungen und Einsichten:

  • Auf die staatlichen Kontrollmechanismen können wir nicht warten. ("Wir kontrollieren - jeden Betrieb im Schnitt alle 25 Jahre... wenn der dann gerade kein Heu da liegen hat... wir kontrollieren eh nur nach dem Augenschein")
  • Aussagen wie "Zertifizierter Futtermittelhersteller" sagen gar nichts aus! Sie sind Aushängeschilder, die keiner kontrollierbaren Verpflichtung unterliegen.
  • "Bio-Heu" ist auch nicht unbedingt Bio - die Vorgaben (frühester Erntezeitpunkt) verhindern in vielen Jahren, dass Qualitätsheu geerntet werden kann. Oft sind die Bestände dann schon mehr als überständig - man kann das schon eher "vergammelt" nennen.
  • "Bio" wird gerne verwechselt mit "vernachlässigt" oder "sich selbst überlassen" - dann enthalten die Ballen mehr Sauerampfer und Brennesseln (wenn nicht Schlimmeres) als Gras.
  • "Artenreiche Extensiv-Wiesen" sind keine Garantie für gutes Heu: diese Wiesen, zumal in unserer Gegend an den Flüsschen gelegen, sind eher Sümpfe. Keiner weiß, was da wirklich wächst. Der Bauer kann auch gar nicht drauf auf die Fläche um sie zu kontrollieren, weil alles versumpft ist. Trocknet es dann mal soweit ab, dass die Erntemaschinen drauf können, soll das schon wochenlang auf der Fläche liegende Heu in vier Tagen auf klatschnassem Boden trocknen???
  • Selbst Heu aus einer "Trocknungsanlage" hatte ich schon - mit nachgewiesen vielfach über das tolerierbare Maß hinausgehenden Schimmelpilzwerten.



Und dann darf man sich bei der Reklamation (mit Nachweis) auch noch Beschimpfungen anhören nach dem Motto "Die Leute wollen nur billig. Das Heu fressen alle Pferde - nur Ihre nicht? Und nachher kommen Sie doch wieder angekrochen, wenn die Gäule nix zu fressen haben..."

Nicht jeder hat Biologie studiert. Kein Tierhalter kann alle Giftpflanzen erkennen.

Wer sich aber gut auskennt, rettet seinen Tieren vermutlich mehrfach das Leben, zumindest die Gesundheit.

Eine Haltung hinter dem Haus bringt zusätzliche „Sicherheit".

Der Tierhalter kennt seine Tiere gut, versorgt sie selbst, erkennt rechtzeitig, wenn etwas nicht stimmt und kann vor Ort auch in der Regel unmittelbar handeln.

Nicht jeder hat jedoch ausreichend Kenntnisse und auch nicht immer die Möglichkeit, seine Pferde fast ständig unter Beobachtung zu haben.

 

Auch noch nach vielen Jahren Pferde-, Esel- und Schafhaltung bleibt das Wissen rund um Pferdehaltung lückenhaft.
Trotz aller Vorsicht und Umsicht kommen immer mal wieder diverse „unerklärliche” Koliken, Asthmasymptome, Durchfälle der Kotwasserexplosionen vor - wer weiß, welche Ursache sie wirklich hatten?


Eigentlich hat man ein Pony, um damit seine Freizeit zu verbringen...

Mit verlässlich gutem Futter bliebe vielleicht auch wieder mal Zeit zum Reiten.