Kommunikation


„...Pferde erdulden schweigend

große Schmerzen;
werden diese aber zu heftig,
und besonders,

wenn sie mit Schreck gepaart sind,
dann äußern sie furchtsame Laute.“
                   
(Charles Darwin)

Im Reitstall-Alltag hört Mensch wenig von seinem Pferd.
Untereinander verständigen sich Pferde hauptsächlich über Mimik (Ohrenspiel, Gesichtsausdruck) und Gestik (Körpersprache). Diese Signale reichen in der Regel aus, das Herdenleben zu organisieren.
Die Körperhaltung sagt, ob ein Pferd freundlich oder unfreundlich, müde oder angespannt, aufgeregt oder ruhig und entspannt ist. Kampfeswillen oder Drohung erkennt man, wenn ein Pferd dem anderen schlagbereit den Hintern zudreht.
Besonders die Ohrenhaltung gibt Aufschluss über das Seelenleben der Pferde. An der Stellung der Ohren kann man erkennen, wo die Aufmerksamkeit des Tieres ist, ob es wütend oder freundlich, krank oder entspannt ist. Es gehört einige Erfahrung dazu, die Ohrenstellung immer richtig zu interpretieren. Verschiedene Pferde haben unterschiedliche Angewohnheiten. Einige legen ihre Ohren mehr als andere zur Seite, wenn sie zufrieden sind. Manche legen sie stark nach hinten, wenn sie konzentriert sind, was bei anderen schon Wut signalisiert.

  
Laute geben Pferde nur bei großer Vertrautheit, Freude, Angst, Wut oder Schmerz von sich.
Fremde Pferde gehen oft quietschend aufeinander zu. Sie stehen sich frontal gegenüber und schlagen dabei mit den Vorderbeinen. Sie drängen sich gegenseitig zur Seite und lassen Quietschtöne oder spitzes Wiehern hören.
Sind Pferde sich gut vertraut, brummeln sie leise zur Begrüßung. Einige Pferde „reden“ sogar mit leisen Brummeltönen mit ihrem Menschen.

Wenn wir eine ganz besondere Beziehung zu unserem Pferd haben, wird es vielleicht mehr oder weniger laut mit uns „reden“. Dann gibt es wohlige und freudige Brummeltöne von sich. Manche Rassen sind besonders „gesprächig“. Sie leben seit Jahrhunderten eng mit dem Menschen zusammen. Es wurde nur mit den Tieren gezüchtet, die sehr freundlich und menschenbezogen waren. Der Besitzer musste sich hundertprozentig auf sein Pony verlassen können.

Vor allem in Bewegung schnauben Pferde hörbar Luft aus den Nüstern. Sie zeigen Wohlbefinden und Entspannung, sorgen gleichzeitig für freie Atemwege.
Bei großer Unsicherheit oder Angst “schnorcheln” viele Pferde, ein dem Schnauben entfernt ähnliches Geräusch. Auslöser können z.B. ein neuer Gegenstand in der Reithalle, ein neuer Stall, ein unbekanntes Objekt am Wegesrand sein. Ein schnorchelndes Pferd fürchtet sich, ist etwas ängstlich, aber zunächst noch nicht fluchtbereit. Manche Ponys schnorcheln, wenn sie neugierig auf unheimliche Dinge zugehen.
           
Wiehern ist Ausdruck von Erregung. Pferde wiehern, wenn sie ein fremdes Pferd oder einen vertrauten Kumpel sehen. Stuten und Fohlen verständigen sich durch leises wiehern. Sie erkennen ihre Stimmen gegenseitig sicher wieder.

Schmerzen zeigen Pferde nicht wie etwa Hunde durch deutliches „Schreien”.  Schmerzen erkennt man - wenn man sein Tier gut beobachtet - aber durchaus auch an Lauten wie Stöhnen, Zähneknirschen, Schnaufen. Wer sein Tier gut kennt, kann anhand der Laute auch gleich die Ursache des Übels erkennen: Viele Pferde mit Magenproblemen knirschen mit den Pferden, Koliker stöhnen oft laut, vor allem beim Hinlegen.
Oft sind Schmerz-Symptome mit Angstlauten kombiniert. Einige Pferde „schnorcheln” laut hörbar, z.B. wenn der Tierarzt bei einer Untersuchung Schmerzen verursacht.

Die soziale Fellpflege, das gegenseitige Kraulen ist besonders wichtig für die Kommunikation innerhalb der Herde. Es gelten feste Regeln: Freunde kraulen einander und stehen oft eng zusammen. Ranghohe Tiere dürfen rangniedrige kraulen, umgekehrt nur “auf Anfrage”. Zwei gut vertraute Pferde verbringen manchmal Minuten damit, sich gegenseitig da Fell zu kraulen. Mit den Zähnen kratzen sie die losen Haare heraus. Vor allem Pferde mit Sommerekzem betreiben die Fellpflege oft so heftig, dass sie Mähnenhaare herausreißen.

Wer sein Pony loben will, kann das sehr gut mit den Händen machen. Man klopft ihm jedoch nicht den Hals. Das ist eine Geste, die unter Pferden nicht üblich ist. Man krault es statt dessen mit den Fingerspitzen an den Stellen, an denen es das besonders gerne hat. Manche Pferde machen dann vor lauter Genuss eine ganz lange Lippe.

Im Spiel trainieren die Fohlen Kraft und Geschicklichkeit, um sich im Fall der Fälle in Sicherheit bringen zu können. Jagdspiele und Kampfspiele sind später überlebenswichtig. Die Fohlen testen das Sozialverhalten in der Gruppe aus. Sie lernen ranghöheren Tieren auszuweichen oder rangniedrigere Tiere wegzuschicken. Das sichert die Herdenstruktur.
Kampfspiele sehen oft wild und gefährlich aus. Die Kontrahenten steigen sich an, schlagen mit den Vorderbeinen aufeinander ein, beißen dem Gegner in Mähnenkamm, Vorderbeine, Hinterbacken oder sogar die Kehle. Besonders Stuten drehen sich im Kampfspiel blitzschnell um und keilen gegen den Gegner aus.

Auf ein derartiges Spiel sollte man sich niemals mit einem Pferd - und sei es noch ein Fohlen - einlassen. Für einen Menschen kann das lebensgefährlich werden. Niemals darf man dulden, dass ein Pony übermütig gegen einen Menschen auskeilt oder einen Menschen ansteigt. Auch Beißen und Schnappen  sollte du sofort unterbinden. In dem Fall darf man sein Pony mit einem gezielten Klaps in seine Grenzen weisen. Das würde ihm bei einem ranghöheren Pferd auch passieren.

Die Äppelhaufen anderer Pferde sind wichtige Informationsquellen. Sie geben über ihren Geruch Auskunft über die Rossigkeit einer Stute oder fremde Pferde im Revier. Auch in festen Herden kontrollieren die Tiere gegenseitig ihre Ausscheidungen.
   
Wenn ein Pferd verletzt wird, schreit es nicht auf wie z.B. ein Hund. Viele Pferde stöhnen jedoch bei großem Schmerz. Schreie würden Feinde über weite Entfernung auf verletzte Tiere aufmerksam machen.
Jeder Mensch, der mit Tieren umgeht, sollte sich darüber klar sein, wie das Tier Schmerzen zeigt. Nur dann ist man in der Lage, das Tier und sein Wohlbefinden realistisch einzuschätzen. Beim Pferd ist Schmerz oft schwer zu erkennen.

Weder auf der Weide noch beim Reiten schrei ein Pferd bei Schmerz. Wenn ein gutes Verhältnis zwischen Mensch und Tier besteht, wird es  aber andere Signale geben. Wir können an seinem Verhalten erkennen, ob es Schmerzen hat. Viele Pferde zeigen ihren Besitzern ganz deutlich, welche Körperstelle ihnen weh tut. Auch das Verhalten der anderen Tiere in der Herde kann Hinweise geben. Einige Pferde „verraten” oder „petzen” gleichermaßen, wie es anderen Tieren der Herde geht.

Im Reitsport ist es sehr schwierig zu erkennen, wann ein Pferd mit einer Aufgabe überfordert ist. Es schreit ja nicht, wenn ihm die Beine weh tun. Manche Tiere zeigen auch dann noch keinen Schmerz, wenn bereits blutige Maulwinkel oder Sporenstiche sichtbar sind. Andere beschweren sich sofort, wenn ihnen der Sattel, das Gebiss oder spitze Steine unter den Hufen Schmerzen verursachen. Vor allem muss man auf die Ohrenstellung und die Bewegungsabläufe achten.

Auch wenn Pferde untereinander nicht wesentlich auf Stimme angewiesen sind, reagieren sie doch gut auf die menschliche Stimme. Sie können lernen, mit der menschlichen Stimme positive Erfahrungen zu verbinden. Sie lernen bestimmte Wörter für bestimmte Handlungen. Sie lassen sich mit der Stimme steuern. Vor allem Arbeitspferde mussten das perfekt beherrschen, aber auch Zirkuslektionen lassen sich über Stimmbefehle einstudieren.

Ein Pony kann lernen, auf bestimmte Befehle hin bestimmte Dinge zu tun. Es lässt sich über die Stimme vor allem auch anspornen, belohnen oder beruhigen. Wenn es einmal gelernt hat, mit einer Stimme Gutes zu verbinden, kann man es auch in heiklen Situationen mit der Stimme beruhigen oder lenken. Das kann sehr nützlich sein, wenn man ein ängstliches oder erschrecktes Pferd beruhigen will.

Kontakt mit Artgenossen nehmen Pferde zunächst über Nasenkontakt auf. Oft sind Imponiergesten wie Ausschlagen mit den Vorderhufen, Quietschen oder Ansteigen zu beobachten.  Oft explodiert der Erstkontakt in wildem Verfolgungsspiel. Mensch muss sich in Acht nehmen, nicht dazwischen zu geraten.
Gleiches geschieht beim Kontakt mit anderen Tierarten. Pferde sind sehr neugierig und oft überwiegt die Neugier die Angst vor dem Fremden. Zu Eseln, Schafen, Ziegen, Hunden oder Katzen nehmen viele Pferde aktiv Kontakt auf. Nicht immer verstehen die se ungleichen Partner sich gegenseitig. Erste Kontakte sollten daher zunächst durch einen Zaun oder mit einer sicheren Rückzugsmöglichkeit für die kleinere oder schwächere Art  versucht werden.

Beim Kontakt mit einigen Tieren kann man anders als beim Kontakt mit Artgenossen besonderes Verhalten beobachten. Viele Pferde zeigen deutlich ihre Begeisterung. Vor allem junge Hunde, Esel oder Schafe scheinen es Pferden angetan zu haben.  So kann ein Pony mit „verzücktem” Gesichtsausdruck z.B. angesichts eines Esels diesen vollkommen fasziniert auf Schritt und Tritt verfolgen. Obwohl andersartige Tiere nicht den Schutz eines Fohlens genießen, da sie z.B. nicht das typische Fohlenkauen zeigen, nehmen Pferde doch oft „Rücksicht” auf Tiere anderer Arten. Sie scheinen das „auf den Rücken legen” eines jungen Hundes durchaus interpretieren zu können und tun ihm dann nichts.
Allerdings sollte man sich niemals darauf verlassen, dass dieser Mechanismus funktioniert.  Mensch muss immer dabei sein, wenn die zwischenartliche Verständigung noch nicht gefestigt ist. Vor allem Situationen, in denen Pferde übermütig buckeln und rennen, werden von Hunden schnell falsch eingeschätzt. Sie sind den Pferden körperlich nicht gewachsen.