Eigene Lösungen finden

Versorgung und Grenzen der Versorgung: eigene Lösungen finden

Pferde sind keine Kuscheltiere. Sie wollen sich bewegen, auch wenn sie krank sind. Das entspricht ihrer Natur. Sie fühlen sich unsicher und ängstlich, wenn sie eingesperrt sind oder nicht mit den Herdenkumpanen herumziehen können. Kranke Tiere sind in der Natur leichte Beute für Raubwild.
Das Verhalten eines kranken Pferdes bringt Behandlungsprobleme mit sich, die man bei einem Hund, einer Katze oder einem Igel nicht hätte.
Einige Situationen können immer wieder vorkommen. Es ist ratsam, sich darauf vorzubereiten und notwendige Hilfsmittel immer greifbar zu haben.


Man kann nicht einfach den Napf hochstellen und ist dann sicher, dass das Tier nach einer Kolikbehandlung nichts frisst. Nein, es wird sich notfalls seine Ration von den Sträuchern hinterm Zaun holen und dabei womöglich auch den Stromzaun ignorieren. Ein verhungerndes Pferd wäre leichte Beute, also versuchen auch genesende Tiere an Futter zu gelangen, die das laut Tierarzt noch nicht sollen.

 

Man muss das Tier beschäftigen, es notfalls einsperren, wenn die anderen fressen. Vielleicht muss es sogar über Nacht ohne Einstreu in eine Box, wenn es sich ansonsten über Holzhäcksel oder Sträucher hermachen und die nächste Kolik provozieren würde.


Ein Tier mit Hufverband kann man nicht einfach auf die Couch legen und den Spaziergang für zwei Tage ausfallen lassen. Nein, es wird nicht zufrieden sein in seiner Box, mit den Hufen gegen die Wand schlagen und finden, dass ein weißer Verband wirklich kein Grund ist, hier zu stehen. Da ist dann Initiative gefragt. Die Verbandmethoden der Tierärzte berücksichtigen in der Regel auch heute noch die Umstände einer Boxenhaltung, nicht aber den Wunsch eines Offenstallponys, mit seiner Herde durch den Regen zu laufen. Hufschuhe, Krankenschuhe oder festen Kunststoffschutz kann man kaufen - aber nicht beim Tierarzt und nicht sonntagsabends. Solche Utensilien sollten für den Fall der Fälle immer vorhanden sein.


Eine offene Beinverletzung ist für ein Offenstallpony auch noch lange kein Grund, nicht mit auf die Wiese zu wollen. Der Mullverband des Tierarztes hält es auch nicht vom Wälzen im Sand ab. Selbsthaftende Fixierbinden und Lammfellunterlagen schützen eine Wunde, finden sich aber ebenfalls nicht unbedingt im Tierarztauto.


Zähne zeigen? Nein Danke.

Kann man nicht gerade den professionell ausgestatteten Pferdezahnarzt - so er denn Mediziner ist - zu einer Behandlung im Maul rufen, wird der Haustierarzt möglicherweise trotz Maulkeil und gutem Zureden nur zugebissene Zähne sehen - oder seine eigenen blutigen Finger.
Ein stabiles und flexibles Gummirohr über einem Strick fixiert leistet in solchen Fällen hilfsweise gute Dienste.

Die beste Vorbereitung ist jedoch ein auf alles vorbereitetes Pferd, das Behandlungen relativ selbstverständlich und gelassen hinnimmt.

Manchmal muss der Pferdebesitzer selbst Hand anlegen, weil ein Tier den ihm fremden Tierarzt nicht widerspruchslos an sich heran lässt.
Darauf sollte man vorbereitet sein. Wer Blut und ähnlich unerfreuliche Dinge sehen kann, ist klar im Vorteil.

Der Umgang und die Haltung von chronisch kranken Pferde erfordert über die optimale tierärztliche Betreuung hinaus besonders viel Eigeninitiative.

Manchmal sind die Möglichkeiten eines Tierarztes an irgend einem Punkt ausgeschöpft und der Pferdebesitzer ist gefragt.

Wenn es nicht mehr mit einer Spritze getan ist, wenn das Pferd trotz Behandlung weiter hustet, weiter scheuert, Allergien hat oder Empfindlichkeiten, entscheidet die Initiative des Tierhalters über Wohl und Wehe des Tieres.

In den meisten Fällen gibt es Lösungswege.

Man muss sie mit viel Einsatz suchen und erproben. Gut, wenn ein Tierarzt offen ist für Einfälle und Vorschläge des Pferdehalters. Das ist nicht selbstverständlich.

 

Allergiker müssen mit nassem Heu gefüttert werden. Auch bei Frost! Das ist nicht nur für das Pferd, sondern auch für den Halter sehr unangenehm. Wer kann, beugt mit besonders gutem Heu vor oder füttert im Winter solche Tiere notfalls mit Heulage.

Besonders Hustenkandidaten sollten in einen luftigen Offenstall mit geeigneter Einstreu umziehen - sie müssen nicht vor Kälte, sondern vor schlechter Luft und staubigem Futter geschützt werden.

 

Ekzemer brauchen ständigen Zugang zu einem dunklen Stall. Vielleicht auch mehrmals täglich eine Behandlung mit einer Salbe o.ä.

 

Pferde mit Anfälligkeiten für Verdauungsprobleme brauchen eine optimale Futterversorgung.

Ein Pferd mit Neigung zu Magengeschwüren muss äußerst regelmäßig und häufig Raufutter erhalten.

Bei Durchfall muss der Weidegangüberprüft udn ggf. eingeschränkt werden.

Nervöse Tiere profitieren von immer verfügbarem Heu, wenn sie es vertragen.

Für andere wäre das zu viel. Sie müssen rationiert gefüttert werden.

 

Pferde, die zu Hufrehe neigen, dürfen nicht oder nur sehr begrenzt auf eine Weide.

 

Pferde mit Behinderungen (blinde Pferde, gehbehinderte Pferde...) brauchen Schutzräume, die ihnen das Leben in der Herde erleichtern.

 

 

All diese Maßnahmen sind im Einzelfall aufwendig, oft kostspielig und zeitraubend.


Der Tierarzt kann sie nicht lösen.


Die Haltung muss in jedem Einzelfall individuell angepasst werden.